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Web3, Metaverse und die KI – Deep Dive in die Zukunft des Internets

Ein Blogbeitrag von Meike Schumacher

 

Am 30. März hatte ich die Ehre, beim Kick-Off von Deutschlands erstem Metaverse Studio von Neyroo in Köln dabei zu sein und in die Zukunft des Internets einzutauchen. Wie es dazu kam? Ich hatte an der TH Aschaffenburg im Rahmen von studentischen Arbeiten im letzten Semester vermehrt den Begriff „Metaverse“ gehört und habe mich daraufhin auf die Google-Recherche begeben. Dabei bin ich auf das Unternehmen Neyroo gestoßen, die davon berichteten, dass sie demnächst ein Metaverse-Studio in Köln eröffnen, in dem die neue Generation des Internets physisch erlebbar gemacht werden würde. Man konnte sich für die Eröffnung um eine „Wildcard“ bewerben, was ich dann spontan auch machte. Und – Tadaaaa – ich habe eine gewonnen 😊. Jetzt behalte ich meine Eindrücke und Learnings natürlich nicht für mich, sondern teile sie hiermit.

 

Eine Zeitreise durch die Entwicklung des Internets

Um „das Internet der Zukunft“ – Web 3 – zu verstehen, hilft es, zunächst einmal die bisherigen Evolutionsstufen – Web 1 und Web 2 – zu begreifen und das ist im Neyroo-Studio hervorragend umgesetzt. Hier werden die BesucherInnen des Studios durch drei Cubes geführt, die sich wie eine Zeitreise anfühlen. An der Wand findet sich zudem noch jeweils eine Tafel mit Ereignissen dieser Zeit, um die Entwicklung des Internets auch im Kontext der sonstigen Entwicklungen einordnen zu können.

Die Lounge im Web 1-Raum ist im Stil der 90er Jahre gestaltet. Im Regal liegt ein Discman und ein Nokia 8110, auf dem Sideboard steht eine Lavalampe und im CD-Regal steckt eine CD von Guns’N Roses. Hier begegnet mir auch ein Schreibtisch mit klobigem Röhrenmonitor. So in etwa sah auch mein erster Computer aus, mit dem ich die ersten Schritte ins World Wide Web machte. Zu dieser Zeit war der „Gang ins Internet“ von den Pfeiftönen des Modems begleitet. Webseiten waren statisch – es wurden Texte veröffentlicht, die andere lesen können – eine Kommentarfunktion oder sonstige Interaktion fand noch nicht statt.

Der danebenliegende Web 2-Cube ist im Stil der 2000er Jahre gestaltet. Zu dieser Zeit erhielten interaktive Webseiten und „soziale” Funktionen Einzug. So führte etwa eBay die Kundenrezensionen ein und ein Social-Media-Kanal nach dem anderen entstand. InternetuserInnen haben auf allen möglichen Portalen ihre persönlichen Profile, können kommentieren, posten, etwas hochladen und damit wurden Nutzerdaten zur neuen Währung. Kurzum - Web 2.0 ist das Internet, das wir heute kennen.

Web 3 greift das „soziale” Modell von Web 2.0 auf, verändert jedoch dessen zugrundeliegende Struktur. In Web 3 gibt es also immer noch soziale Medien, Videostreaming und Apps, diese sind jedoch dezentralisiert. Die Nutzer im Web 2 haben Kontrolle darüber, was sie konsumieren und erstellen, aber keinerlei Kontrolle über die Plattformen, auf denen sie konsumieren und etwas erstellen. Dies soll sich mit Web 3 grundlegend ändern durch die Einführung von Blockchain-Technologie und dezentralisierten Anwendungen (dApps).

 

Was ist das Metaverse?

Das Metaverse ist eine virtuelle Welt, die von Benutzern erstellt und mit digitalen Avataren besucht wird. Hier können BenutzerInnen in einer virtuellen Umgebung interagieren, kommunizieren, handeln und auch Besitz haben – sowohl in Form digitaler Währung als auch digitaler Gegenstände. Es ist somit als eine Art digitale Erweiterung - oder Alternative – zur physischen Welt zu verstehen. Man könnte es als Nachfolger des Internets in 3D bezeichnen. Das Potenzial entfaltet sich vor allem, wenn man mit Hilfe von Augmented Reality (AR) und Virtual Reality (VR) auf das Metaverse zugreifen kann.

Die Schlüsselaktion von Metaverse-Anwendungen ist – neben virtueller Immersion – das Erfassen von Nutzerzuständen und der realen Umgebung.

 

Use Cases

Meine erste Assoziation, als ich „Metaverse“ hörte, waren Computerspiele. Meine Tochter spielte – vor allem während des Lockdowns – stundenlang mit Freunden „Fortnite“. Da sich das überwiegend am heimischen Fernseher im Wohnzimmer abspielte, bekam ich schnell mit, dass digitale Währung und digitale Gegenstände durchaus einen Wert für die SpielerInnen darstellen. Genau dort verortete ich auch das Potenzial von Metaverse: Vielleicht ist es für Firmen wie Nike spannend, angesagte Sneaker als Ausstattung für die Avatare anzubieten? Vielleicht ist es für Red Bull interessant die digitale Getränkedose zur Stärkung bereitzuhalten?

Ganz so falsch liege ich damit sicher nicht. Das Potenzial geht aber weit darüber hinaus. So können im Metaverse beispielsweise digitale Zwillinge von Industrie-Anlagen erstellt werden, die einfacher und störungsfreier begehbar sind als die realen Anlagen. Dieser digitale Zwilling kann auch erstellt werden, bevor mit einem tatsächlichen Bau begonnen wird. Auf diese Weise können Prozesse modelliert und vieles frühzeitig ausprobiert und optimiert werden. Man stelle sich nur vor, wie viele Fehler etwa beim Bau des Flughafens BER vermeidbar gewesen wären, hätte man damals dieses Potenzial nutzen können.

Auch für den Bildungssektor kann das Metaverse zukünftig genutzt werden, denn es bietet zahlreiche Vorteile gegenüber traditionellen Unterrichtsmethoden. Es macht schließlich einen großen Unterschied aus, ob ich beispielsweise von den Lebensverhältnissen im Mittelalter erzählt bekomme, oder in eine virtuelle Welt des Mittelalters eintauche.

 

KI-Anwendungen als Enabler … und als Gefahr?

Derzeit sind KI-Anwendungen wie ChatGPT und Midjourney in aller Munde. Das Besondere – und Neue – daran ist, dass man für die Nutzung keine Programmierkenntnisse benötigt, sondern die KI natürliche Sprache verstehen kann. KI-Anwendungen wie ChatGPT und Midjourney können in das Metaverse integriert werden, um BenutzerInnen ein besseres Erlebnis zu bieten und eine bessere Interaktion mit der virtuellen Welt zu ermöglichen.

Viele – ich auch – haben diese Anwendungen in letzter Zeit ausprobiert. Ich war überrascht und fasziniert, welche Qualität die Ergebnisse haben. ChatGPT hat mir bereits bei einigen Texten gute Inspiration geliefert und aus meiner Sicht überwiegt der Nutzen gegenüber den Gefahren. Natürlich birgt es die Gefahr, dass Schülerinnen und Schüler und Studierende das Tool zum Betrug nutzen. Der Bildungsauftrag sollte aus meiner Sicht daher lauten, den kritischen Umgang mit KI zu lehren, statt sie zu verbieten (was sowieso nicht gelingen wird). Medienkompetenz ist hier das Stichwort.

Kritischer sehe ich die Bildgenerierung, wie sie mit Midjourney realisiert wird. Auch hier kommuniziere ich mit natürlicher Sprache mit der KI. Ich sage ihr, was auf dem Bild zu sehen sein soll, und erhalte dann vier Vorschläge. Auf der Veranstaltung in Köln erlebte ich, wie schnell hier auf Zuruf ein photorealistisches Bild entsteht. Ich lernte, dass noch vor drei Monaten das entstandene Bild eindeutig als Computergrafik erkennbar gewesen wäre. In den letzten drei Monaten habe die KI aber so schnell dazu gelernt, dass man heute nur noch anhand kaum erkennbarer minimaler Fehler ein KI-generiertes Bild von einem echten Foto unterscheiden könne. Laut Einschätzung der ExpertInnen bei Neyroo wird eine Unterscheidung in weiteren drei Monaten vermutlich nicht mehr möglich sein. In den sozialen Medien kursieren bereits viele „lustige“ Midjourney-Bilder, wie etwa der tätowierte Papst mit Zigarette im Mund, Angela Merkel, wie sie mit Barack Obama im Meer tobt und viele mehr.

Mal abgesehen davon, dass die Frage der Bildrechte noch ungeklärt ist und auch das mit den Persönlichkeitsrechten noch eine offene Baustelle ist (ich könnte mir vorstellen, dass der Papst die Bilder nicht ganz so lustig findet), erreichen Fakenews damit noch einmal eine völlig neue Dimension. Wenn ich nicht mehr unterscheiden kann, ob ein „Foto“ oder „Video“ real ist, oder der Phantasie einer Person entspringt, was bedeutet das dann für die Presse und deren Glaubwürdigkeit? Mir fallen hier ganz spontan eine ganze Reihe von Szenarien ein, die dazu geeignet sind, Kriege oder Panik auszulösen. Bei aller Begeisterung über die technischen Möglichkeiten ist es zwingend notwendig, den Umgang mit der Kehrseite mitzudenken – aufhalten lässt sich der Fortschritt nicht und wegdiskutieren ist keine Lösung!

 

 

Ich bin gespannt, wo die Reise tatsächlich hingehen wird und ob, und wenn ja wie, das Metaverse Einzug in unseren Arbeitsalltag erhalten wird. Ich persönlich hätte nichts dagegen, mich statt in einem Zoom-Meeting, in einer virtuellen Lounge mit Blick aufs Meer zu treffen!