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Digital. Konzertiert. Aktiv.

Die Transformation der Arbeitswelt gemeinsam gestalten: Der Digitale Wandel stellt in Deutschland und Europa nicht nur das Wirtschaftssystem, sondern auch das Sozialmodell vor neue Herausforderungen; mit dem Strukturwandel ergeben sich neue Bedarfe der Humanisierung der Arbeitswelt und die Notwendigkeit einer „Neuen Konzertierten Aktion“.

 

Beobachtbare Phänomene

Internetbasierte Arbeitsvorgänge sind in Industrie und Verwaltung – und damit fast in der gesamten Arbeitswelt – zu einem Standard geworden. Das Internet ist überall – die europäische und deutsche Wirtschaft sind eine Internet-Wirtschaft geworden. Die internetbasierten Technologien haben die Produktivität in Fabrikation, Handel und Dienstleistung generell sehr gefördert. Es sind in einigen Branchen und neuen Unternehmen eine ganze Reihe Arbeitsplätze neu entstanden, gleichzeitig kann die Erhöhung der Produktivität Arbeitsplatzabbau zur Folge haben. Die Rationalisierung hat qualifizierte Tätigkeiten massiv unter Druck gesetzt: Wo vorher qualifizierte handwerkliche oder industriemeisterliche Leistungen gefragt waren, tritt an deren Stelle eine reine Bedienung von Maschinen und Anlagen. Andererseits wurden ganze Prozessketten durch Vernetzung komplizierter; das hat die kognitiven Anforderungen an die Arbeitskräfte erhöht. Der Digitale Wandel relativiert Arbeitszeit und Arbeitsort für viele Berufstätige – die Arbeit ist überall und jederzeit – was eine Abgrenzung von „privat“ und „dienstlich“ zunehmend erschwert. Die Arbeitszeit ist kaum noch messbar und eingrenzbar. Eine ständige Erreichbarkeit und Verfügbarkeit der Arbeitnehmer macht sich breit. Der Digitale Wandel ruft einen Wettbewerb um die besten Fachkräfte hervor. In diesem erhält die Arbeitgeberattraktivität eine zunehmende Bedeutung. Ein Sinn vermittelndes Arbeitsumfeld motiviert: Wer seine Tätigkeit als erfüllend empfindet und einen Beitrag zum Gesamterfolg sieht, der arbeitet nicht nur gerne, sondern auch engagierter und effektiver. Eine sinnvolle Synergie der Unternehmensziele und der individuellen Ziele der Mitarbeiter vermag möglicherweise ein bislang wenig genutztes Potential freizusetzen.

 

Was folgt daraus?

Der moderne Arbeitsschutz hat vor allem die Aufgabe, die Gesundheit der Arbeitnehmer zu schützen und ihre Arbeitskraft zu erhalten, sowie Unfällen vorzubeugen. Der bisherige Arbeitsschutz hält dem digitalen Wandel jedoch nicht in hinreichendem Maße stand. Neben dem physischen Arbeitsschutz wird daher der psychische Arbeitsschutz stark an Bedeutung gewinnen müssen. Eine dynamisch modulare und präzise Weiterbildung ist die Herausforderung des strukturellen Wandels schlechthin. Die sich durch die Digitale Transformation ergebenden Freiheitsgrade führen zu einer neuen Verantwortungsteilung. Jeder Arbeitnehmer sollte in der Lage sein, mündig und eigenverantwortlich seine Grenzen der Leistungsfähigkeit zu erkennen und nicht zu überschreiten. Die Kompetenz eines „Selbstmanagements“ ist in der neuen Arbeitswelt notwendig und muss sich in der Führungskultur des Unternehmens widerspiegeln.

 

Neue Sozialpartnerschaft von Nöten

Vor dem Hintergrund der aufgeführten Folgen muss die Rolle der Arbeitnehmervertretungen neu ausgelotet werden. Es gilt den Zielkonflikt zwischen Selbstbestimmung und kollektiven Interessen akzeptierbar neu zu gestalten. Es ist eine Neue Sozialpartnerschaft zu etablieren. Die nur noch auf digitalem Weg mit dem Unternehmen verbundenen „digitalen“ Arbeitnehmer, auch die neuen (Schein-) Selbständigen, brauchen eine soziale Absicherung, sowie einen neuen Arbeits- und Gesundheitsschutz. Im Ergebnis wäre ein „Fair-Trade-Label“ für Arbeitgeber denkbar, die sich mit dieser Auszeichnung in einen kontinuierlichen Entwicklungsprozess begeben, wie man ihn aus anderen unabhängig auditierbaren Auszeichnungen kennt. Damit würde ein umfassender Transformationsprozess der Arbeitskulturen befördert werden. In der Wirtschaftspolitik der Bundesrepublik Deutschland wurde mehrfach auf das Instrument einer „Konzertierten Aktion“ zurückgegriffen. Die Konzertierten Aktionen sollten jeweils im Sinn der Förderung und Gestaltung der ökonomischen Wohlfahrt entscheidende Impulse liefern; das „konzertierte“ Zusammenwirken der Tarifpartner und der Politik spielte jeweils eine zentrale Rolle. Eine „Neue Konzertierte Aktion“ kann vor dem Hintergrund der bisherigen erfolgreichen Humanisierung der Arbeitswelt entwickelt werden. Für eine neue Sozialpartnerschaft und eine digitale „Neue Konzertierte Aktion“ muss zusätzlich erkannt werden, dass ...

  • eine lebenslange individuelle Ausbildung
  • ein Gesundheits- und Arbeitsschutz durch Digitale Hygiene
  • ein Schutz der neuen ökonomisch Schwachen im kapitalistischen Prekariat
  • eine Neubewertung der zeitlichen Inanspruchnahme durch Arbeit
… als gleichgerichtete Ziele im gemeinsamen Interesse von Arbeitgebern und Arbeitnehmern liegen. Diese Gegenstände der „Neuen Konzertierten Aktion“ sind vor einer Politik der wettbewerbsfähigen Infrastruktur zu positionieren.
 
Fazit
Eine neue Politik der anthropozentrischen sozialen Nachhaltigkeit muss Aspekte einer solidarischen und menschenwürdigen Gestaltung der gemeinsamen Arbeits- und Lebenswelt berücksichtigen. Zum Weiterlesen: Laden Sie sich die Studie Digital. Konzertiert. Aktiv. herunter.
Ein gemeinsamer Beitrag von
Information Management Institut IMI, Technische Hochschule Aschaffenburg
IG Metall, Geschäftsstelle Aschaffenburg
Katholische Arbeitnehmerbewegung im Bistum Würzburg
Kompetenzgruppe New Work des eco – Verband der Internetwirtschaft e. V.