· 

Geschichte und Ikonographie des Papiergeldes

Ein Blogbeitrag von Lucia Wenderoth

über den Vortrag von Katharina Depner in der Ringvorlesung Geld und Wettbewerb vom 25. Oktober 2021 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Trotz EC-Karten, Kreditkarten, Online-Banking & Co. sind laut einer Studie der deutschen Bundesbank die Banknoten nach wie vor das Hauptzahlungsmittel Nr. 1. Grund genug, sich mit deren Herkunft, Geschichte und Bedeutung auseinander zu setzten.

 

„Diese ist bei genauer Betrachtung relativ überschaubar, denn im Vergleich zur Münze, die 2000 Jahre lang als Hauptzahlungsmittel galt, ist die Banknote mit ihren rund 150 Jahren tatsächlich noch sehr jung“, erklärt die Historikerin Katharina Depner von der Stiftung der HVB Stiftung Geldscheinsammlung in der zweiten, hybriden Ringvorlesung von mainproject am 25.10.2021.

 

Durchsetzung der Banknote als Zahlungsmittel

Was heutzutage die Bundesbank bzw. die Europäische Zentralbank regelt, hat im 19. Jahrhundert der Staat selbst übernommen: Die Herausgabe und Steuerung des Geldwesens. Um das Jahr 1850 folgten privaten Notenbanken, die als eigenständige Unternehmen agierten und vom Staat die Genehmigung bekamen, Papiergeld auszugeben. Die Banknoten als Zahlungsmittel begannen eine zunehmende Rolle zu spielen, auch wenn sie in dieser Zeit noch nicht wirklich als solches, sondern vielmehr als Wertpapier gehandelt wurden. Gegen Ende des 19. Jahrhunderts entstanden die ersten Zentralbanken, ab diesem Zeitpunkt wurden in immer mehr Ländern die Banknoten gesetzliche Zahlungsmittel.

 

Erstes Papiergeld im Deutschen Reich

Im deutschen Reich starten im Jahr 1766 in Sachsen die ersten Papiergeldausgaben. In dieser Zeit handelt es sich um vereinzelte Ausgaben, das Hauptzahlungsmittel sind zu dem Zeitpunkt nach wie vor Münzen. Damit wird alles abgewickelt, was im täglichen Leben nötig ist. Das Papiergeld dient auch hier immer noch vor allem der Wertaufbewahrung und hat keine Funktion als Bargeld. Mit der Krönung des deutschen Kaiserreiches im Jahr 1871 wird die Reichsbank errichtet und damit eine einheitliche Papiergeldausgabe. Ab diesem Zeitpunkt ist die Mark die einzige akzeptierte Währung (davor gab es viele Einzelstaaten, die alle ihre eigene Währungspolitik und damit Währung betrieben haben).  

 

Mit dem ersten Weltkrieg etabliert sich die Banknote als Hauptzahlungsmittel endgültig: Das Münzgeld wird eingezogen, um die Heere versorgen zu können und aus dem Metall Rüstungen herzustellen. In Folge des Weltkrieges und der daraus resultierenden Nahrungsmittelknappheit kommt es zu einer Preissteigerung und Inflation. Der Höhepunkt wird im Jahr 1923 erreicht, als ein Brot 1.000 000 Mark und ein Tag später 100.000.000 Mark kostet. Trotzdem kann sich das Papiergeld in dieser Zeit etablieren.

 

 

Herstellung, Gestaltung und Ornamentik

Für die Durchsetzung des Papiergeldes als alleiniges Zahlungsmittel war es sehr wichtig, dass es Hersteller gab, welche dieses Stück Papier zu einem wirklich sicheren Zahlungsmittel gemacht haben. Die staatlichen und privaten Druckereien haben mit hochspezialisierten Druckverfahren diese Aufgabe übernommen. Was für viele heute selbstverständlich ist, war für die Menschen damals ein enormer Sprung: Sie sollten eine Münze mit einem Materialwert gegen eine Banknote ohne einen Materialwert tauschen. Dazu musste zunächst einmal Vertrauen geschaffen werden.

 

Das funktionierte vor allem über die Herstellung. Der Banknotendruck ist bis heute ein hochspezialisiertes Verfahren, welches eine enorme Sicherheit bietet: Durch Kombination von mehreren Druckverfahren und Integration von Sicherheitsmerkmalen wie den Wasserzeichen, Mustern aus verschlungenen Linien, bestimmter Haptik, aber auch maschinenlesbaren Sicherheitsmerkmalen welche mit bloßem Auge nicht zu erkennen sind, versucht man bis heute die Produktion von Falschgeld gezielt zu verhindern.

 

Motive und ihre Bedeutung

Die Motivwahl reichte von Allegorien, bis hin zu bekannten Persönlichkeiten, Kultur, Natur, später auch Technik. Auch politische Botschaften waren darauf eindeutig zu erkennen, wie beispielsweise auf dem 100 Mark-Schein zu Zeiten des deutschen Kaiserreiches. Darauf war die unter einem Eichenbaum sitzende, schwer bewaffnete Germania zu sehen, während im Hintergrund die Kriegsschiffe vorbeizogen. Historikerin Depner bezeichnet dies als „feinste politische Propaganda zu Zeiten des Imperialismus“.

 

Eines haben die Banknoten noch gemeinsam: Bei genauer Beobachtung ist auf ihnen stets ein bestimmtes Storytelling wiederzuentdecken. Der 20 D-Mark Schein ist hierfür ein schönes Beispiel. Auf diesem ist die Dichterin (auch als „grüne Dame“ bekannt) Annette von Droste-Hülshoff (1797-1849) abgebildet. Hinter ihr blickt ihre Wirkungsstätte, die Stadt Meersburg durch. Die Rückseite mit erblühter Buche und Schreibfeder soll an Droste-Hülshoffs bekannte Novelle „Die Judenbuche“ erinnern.

 

 

Euro-Geldscheine und ihre Symbolik

Die Euro-Banknoten stellen wiederum Baustile aus sieben Epochen der europäischen Kulturgeschichte dar: Klassik, Romantik, Gotik, Renaissance, Barock, Rokoko, sowie die moderne Architektur des 20. Jahrhunderts. Drei wesentliche architektonische Elemente werden besonders hervorgehoben: Fenster, Tore und Brücken.

 

Die Fenster und Tore auf der Vorderseite der Euro-Banknoten symbolisieren den Geist der Offenheit und Zusammenarbeit in Europa. Darüber hinaus sind die zwölf Sterne der Europäischen Union abgebildet. Dieses Symbol kommt aus der griechischen Mythologie und steht für die Vollkommenheit. Trotz der mittlerweile zahlreihen technischen, modernen Motiven und geografischen Mustern auf den Banknoten sind die Geldscheine in Bezug auf die Motivwahl nur bedingt innovativ und beschränken sich auf möglichst zeitlose und beständige Vorlagen.

 

 

Banknote als Identifikationsobjekt und Kulturgut

Mit ihren Worten: „Die Banknoten spiegeln immer wieder, was uns gerade bewegt und was dem Staat oder der Lebensgemeinschaft wichtig ist, zeichnen ein Stück Zeitgeschichte auf und sind dadurch alles andere als reines Zahlungsmittel“, hat Frau Depner die Bedeutung der Geldscheine auf den Punkt gebracht. Das Papiergeld ist in der Tat viel mehr als ein Zahlungsmittel. Es ist ein Kommunikationsmittel und Medium, welches seinen Besitzern bestimmte Botschaften vermitteln möchten. Es ist ein kultureller Objektträger, der an wichtige Persönlichkeiten, Orte und Ereignisse erinnern möchte. Ein Symbol für das Vertrauen in die Wirtschaft und Leistung des Landes in dieses Stückchen Papier. Und: Ein Emotionsträger, der den einen oder anderen von uns an bestimmte persönliche Erlebnisse, Momente aber auch die damit verbundenen Gefühle erinnern lässt – ein Leben lang.

 

Unterlagen zur Ringvorlesung

Die Vortragsschaubilder aller Referent/innen werden jeweils im Nachgang der Veranstaltung auf der Lernplattform von mainproject bzw. für Studierende der TH im Hochschul-Moodle zum Download bereitgestellt. Der Kurs heißt jeweils „RV Geld und Wettbewerb“. Eine Zusammenfassung der einzelnen Vorträge gibt es zudem jede Woche als Blogbeitrag unter https://www.mainproject.eu/blog/für-sie-besucht/.