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Zahlen und Schulden

Blogbeitrag von Lucia Wenderoth zum Vortrag von

Thomas Schurk und Bernd Bütow im Rahmen der Ringvorlesung Geld und Wettbewerb.

 

Wenn es um Geld und Wettbewerb geht, spielen zwei weitere Faktoren meist einen ausschlaggebenden Faktor: Zahlen und Schulden. Genau mit diesen wesentlichen Bestandteilen einer funktionierenden Marktwirtschaft haben sich zwei Experten in der Ringvorlesung vom 13. Dezember 2021 auseinandergesetzt: Thomas Schurk, Komplementär von der Creditreform Aschaffenburg und Bernd Bütow, CEO des Verbands der Vereine Creditreform e.V., Neuss.

 

Als Privatkunde kommt man mit diesem Unternehmen meist in Berührung, wenn es darum geht, seine Kreditwürdigkeit gegenüber dem potentiellen Vermieter oder Kreditgeber nachzuweisen. Doch die bereits 1879 in Mainz gegründete Auskunftei (damals noch unter dem Namen „Verein Barzahlung Mainz“) etablierte sich nicht nur auf diesem Gebiet und zählt mittlerweile zu Deutschlands führendem Anbieter von Wirtschaftsinformationen, Marketingdaten und Lösungen zum Forderungsmanagement. Der Bedarf an solch einem Dienstleistungsanbieter wird vor allem deutlich, wenn man sich vor Augen hält, dass jeder zehnte Erwachsene in Deutschland seinen Zahlungsverpflichtungen nicht nachkommen kann. Zum Stichtag 1. Oktober 2020 waren beispielsweise über 6,8 Mio. Bürger über 18 Jahren überschuldet und konnten ihre Rechnungen nicht fristgerecht begleichen.

 

Von der Gründung 1879 bis zur Gegenwart

Doch wie wurde aus einer Gruppe von 25 kleinen Gewerbetreibenden und Händlern, die sich zu dem „Verein Barzahlung Mainz“ zusammenschlossen, eine Unternehmensgruppe mit über vier Tausend Mitarbeitern und einem Jahresumsatz von rund 600 Mio. Euro? Mit der Industrialisierung im 19 Jahrhundert wuchs auch das Bankenwesen, es entstanden immer mehr Kapitalgesellschaften und damit auch der Wunsch nach Investitionen. Zu diesem Zeitpunkt verfolgte der „Verein Barzahlung Mainz“ vor allem ein Ziel: Kein Kunde, der bereits einem Vereinsmitglied Geld schuldete sollte einen Kredit gewährt bekommen. Zugleich folgte im Zuge dieser Vereinsphilosophie die Erkenntnis: Moderne und wachstums-orientierte Wirtschaft kann nicht ohne Kredite auskommen und es kommt zu einer Umfirmierung in „Verein Creditreform zum Schutz gegen schädliches Creditgeben“. Nach und nach bilden diese vier Säulen die Grundidee aller Geschäfte, die bis heute ihre Gültigkeit haben: Schutz der Mitglieder gegen den Missbrauch des Kredits, Einziehen von Außenständen, sichere Auskunftserteilung durch Verbindung mit anderen Vereinen auf dem Prinzip der Gegenseitigkeit und eine allgemeine und zeitgemäße Reform der Kreditverhältnisse.

 

Meilensteine von Creditreform

Auch mit der Digitalisierung hält Creditreform Schritt:  Im Jahr 1979 erfolgt die Umstellung auf elektronische Datenverarbeitung, insgesamt 108 lokale Archive mit riesigen Datenbeständen fließen zu dem Zeitpunkt in ein dezentral-zentrales Datenbanksystem ein. Sechs Jahre später folgt die Einführung des Creditreform Bonitätsindexes als zentraler Bestandteil der Wirtschaftsauskunft, welcher eine schnelle Einschätzung der Kreditwürdigkeit von Geschäftspartnern ermöglicht, die erste Online-Auskunft aus der zentralen Datenbank folgt sogleich. 1995 agiert Creditreform auf dem internationalen Markt, ab diesem Zeitpunkt arbeitet das Unternehmen mit Hochdruck an der Optimierung der digitalen Datenbank, so dass 1999 bereits zahlreiche Online-Abfragen und Auskünfte möglich sind. Heute, mehr als zwanzig Jahre später wurde aus dem ehemaligen Verein ein internationales Unternehmen mit 142 Jahren Erfahrung in der Bewertung der Zahlungsfähigkeit von Unternehmen, 160.000 Tausend Mitgliedern, die auf 5 Mio. Datensätze zugreifen können und einem Portfolio, welches von Risikobewertung, Mahnwesen und Kreditversicherung bis hin zu Bilanzerfassung und Factoring-Daten reicht.

 

Die Herausforderungen der digitalen Transformation und Forderungsmanagement

Im Laufe der Zeit veränderten sich auch die Herausforderungen, welche vor allem mit der Digitalisierung im engen Zusammenhang standen, denn auch hier machte die Problematik in Form von Anonymität, Betrug und Zahlungsausfällen nicht Halt. Wer über das Internet Verträge und Zahlungen abwickeln will, braucht Risikofreude oder einen Garanten, auch Trustee genannt. Bei größeren Vorhaben mit großen Summen fällt die Übernahme der Zahlungs-Garantie (z. B. Paypal) aus und es braucht die Gewährleistung von Informationen zur Seriosität und Zahlungsfähigkeit von Vertragspartnern.

 

Im Rahmen des Gesamtprojektes „Europäische Digitale-Identitäten-Initiative“ stellte das Bundeskanzleramt, Referat Digitaler Staat im März 2021 fest, das fehlende digitale Nachweise eines der größten Digitalisierungshemmnisse unserer Zeit darstellen. Im klassischen „Business to Business“ (B2B) werden Verträge auf Basis von persönlichen Kontakten und auf Basis von vertraulichen Auskunftsdaten der Banken oder anderen Prüfagenturen wie z. B. Creditreform geschlossen. Doch dieses aufwändige Verfahren passt nicht zum Anspruch der digitalen Welt und der darin integrierten Anforderung einer weltweiten Geschäftsfähigkeit in Echtzeit zu ermöglichen.

 

Folgt man diesem Ansatz, sind genau diese globalen Transaktionen aufgrund der hohen Transparenz des Datenflusses im Netz entweder betrugsanfällig (weil Daten abgefischt und manipuliert werden können), sehr aufwändig (weil Daten sicher übermittelt und verifiziert werden müssen) oder intransparent (weil sensible Daten zurückgehalten werden). Wenn diese Unzulänglichkeiten optimiert werden sollen, braucht es eine Instanz, die Verlässlichkeit auf Basis von vertraulichen Daten schnell und digital integrierbar herstellen kann - ohne dass diese Daten selbst zwischen den Vertragspartnern transparent gemacht werden müssen, denn die Ansprüche an die digitalen Geschäftsprozesse von Morgen sind schon heute ganz klar definiert: Sicherheit, Convenience, Geschwindigkeit und Kosteneffizienz sollen die neuen Prozesse auszeichnen.

 

Identitätsproblematik im digitalen B2B-Geschäft

Aktuell gibt es keine digitalen Identitätsnachweise, welche durch staatliche Vorgaben allgemein abrufbar und sicher sind. Vor diesem Hintergrund braucht es Instanzen, die Identitäten digital erfassen und mit den, für B2B-Geschäfte notwendigen Informationen versehen. Die dazu gehörigen Verfahren müssen auf höchsten Standards der kryptographischen Datensicherheit umgesetzt werden und betrugssichere Zertifikate ausstellen können. Dabei besteht der Anspruch, dass diese digitale Identität nur einmal angelegt werden muss, um sie dann für möglichst viele Geschäft auch im Internet nutzen zu können. Auf diese Weise soll gleichermaßen der Aufwand der wiederholenden Abfrageprozesse und die Übermittlung sensibler Daten eingegrenzt werden. Zugleich besteht der Anspruch, dass die Daten durch die Agentur immer aktuell gehalten werden, womit eine jederzeit einsetzbare digitale Geschäftsidentität zur Verfügung steht.

 

Die Lösung

Creditreform hat es sich zur Aufgabe gemacht, genau für diese Problematik eine Lösung zu finden und „CrefoTrust“ ins Leben gerufen. Mit neuen Technologien und Standards sollen die Lücken zwischen der teils aufwändigen Identitätsprüfung und den stets angestrebten, kundenfreundlichen Prozessen in Form von digitalen Identitäten und digitalen Nachweisen geschlossen werden. Während Struktur- und Finanzdaten, wie Adressen, Vertretungsberechtigungen, Bonität u.a. als Standard integriert sind, lassen sich bei diesem Verfahren auch neuere Anforderungen wie DIN-ISO-Zertifizierungen, Umwelt-Siegel u. a. Aspekte in eine solche Identität integrieren. Damit können derartige Modelle im Handel genauso eingesetzt werden, wie für Leasing-Geschäfte, Kreditanbahnung oder im Bereich der Versicherung und Personalakquise. Frei nach dem Motto: „Damit Sie auch im digitalen Geschäft wissen, mit wem Sie es zu tun haben!“