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Erfolgsfaktoren und Hemmnisse im Wissens- und Technologietransfer

Ein Reisebericht von Katja Leimeister zur Roadshow Transferleben in Coburg am 5.10.22

 

Braucht man für erfolgreichen Transfer kreative, gemeinsame Orte für Austausch und Begegnung, die allen Beteiligten zur Verfügung stehen?

Braucht es für erfolgreichen Wissens- und Technologietransfer öffentlich-rechtliche Institutionen wie Kammern, Verbände oder Wirtschaftsförderungen als Unterstützer?

Ist für die Wissenschaft Transfer immer "on top", d.h. ein zusätzlicher Aufwand neben Lehre und Forschung?

 

Fragen über Fragen. Bei der Roadshow Transferleben von Bayern Innovativ in Kooperation mit Creapolis der Hochschule Coburg starteten wir genau damit in den Tag. Interessant dabei: Jeweils ein/e Moderator/in stand für Pro- respektive Contra-Positionen zu diesen Fragen, die Teilnehmenden durften sich entscheiden und begründen, warum sie der jeweiligen Positionen folgen.

 

Somit kamen die Teilnehmenden gleich zu Beginn des Tages in eine lebhafte Diskussion. Argumente wurden getauscht, Positionen deutlich. 

 

Interessant fand ich insbesondere die Aussagen zu Punkt 3. Viele antworteten hier: Ja, es ist eine „on-top-Aufgabe“, die häufig stiefmütterlich gehandelt wird. Es fehlt an Ressourcen, Institutionalisierung und dem Verständnis, dass der Wissens- und Technologietransfer eine wichtige Säule der Innovationskraft deutscher Unternehmen ist. Da konnte ich gleich mit einem positiven Beispiel – nämlich unseren ESF-Projekten – einhaken. An unserem Information Management Institut wird der Wissenstransfer bereits seit mehr als zehn Jahren intensiv verfolgt. Die ESF-geförderte Projektreihe mainproject hat mit deutlichen Stundenentlastungen der Professoren und mehreren wissenschaftlichen MitarbeiterInnen, die ausschließlich für den Wissenstransfer arbeiten, eine wichtige Anlaufstelle für KMU der Region Bayerischer Untermain geschaffen mit dem Fokus: Welche Themen dürfen die hiesigen KMU nicht verpassen? Und wie können diese Themen effektiv in den Unternehmen umgesetzt werden?

 

So positiv auch diese dritte Frage hier an der TH Aschaffenburg gelöst ist (es gibt auch noch weitere vergleichbare Projekte hier, die ähnliche Voraussetzungen haben), so wenig ist an der TH der Bedarf an Kreativräumen gedeckt: Denn hier sprachen die Teilnehmenden aus der Erfahrung, dass geeignete Räumlichkeiten durchaus auf die Kreativität und Innovationkraft einzahlen. Insbesondere der Wechsel der Räumlichkeiten – weg vom sonstigen Alltag und den Routinen – bewirke, dass neue Ideen sprudeln. Leider sind auch bei den derzeitigen Baumaßnahmen keine Kreativräume an der TH geplant. Ich bin sicher, eine rege Nachfrage wäre durch mainproject, andere Projektteams oder Seminargruppen gegeben.

 

Nach dem ersten gegenseitigen Abtasten waren die Teilnehmenden der Roadshow – vorwiegend Mitarbeitende von Hochschulen, Kammern und Verbänden, aber auch VertreterInnen einiger Unternehmen – aufgefordert, den Transfer auf den Kopf zu stellen. Konkret: Wie und warum scheitern Kooperationen zwischen Wissenschaft und Wirtschaft? Zentrales Element dabei, die mangelnde Kommunikation: Menschen, die aneinander vorbeireden, keine Kommunikation auf Augenhöhe, unterschiedliches Verständnis derselben Begriffe u.v.m. Weiters sind Hindernisse fehlende personelle Ressourcen und Verwaltungshürden. Dazu kommt die Angst, dass das Geistige Eigentum nicht wirksam vor Dritten geschützt werden kann (Stichwort IP-Schutzrechte).

 

Am Nachmittag erarbeiteten wir mithilfe von Idea Napkins Lösungssteckbriefe für einen Teil der identifizierten Problemfelder. So beschäftigten wir uns damit, wie wir die User Needs der Unternehmen erfüllen können, wie eine Kommunikationsstrategie für den Wissenstransfer ausgestaltet sein kann und wie wir Mitarbeitende von Unternehmen und der Wissenschaft in den Transfer aktiv einbinden können. Für diese Themen wurden auf vorbereiteten Canvas die Herausforderungen zusammengetragen, Lösungen konkretisiert, der Nutzen definiert und Schlüsselaktivitäten festgelegt.

 

Schlussendlich kann ich sagen, dass die Teilnehmenden im Grunde die gleichen Fragen umtreiben, wie wir sie uns in unserem Team stellen: Wie können wir den Wissenstransfer für die Unternehmen attraktiv machen? Wie können wir Aufmerksamkeit für aufkommende Themen erreichen? Wie können wir ein gutes Umfeld für den Wissenstransfer schaffen? Sprich: Wie können wir die Unternehmen in ihrer Wettbewerbsfähigkeit stärken? Der Königsweg ist mir an diesem Tag nicht aufgezeigt worden. Doch nach einem Tag mit vielen neuen Eindrücken bin mit dem Gefühl nach Hause gefahren, dass wir am Bayerischen Untermain schon vieles richtig machen, und dass es auch immer Luft nach oben gibt. Packen wir´s an!