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Qualifizierungschancengesetz - Fort- und Weiterbildung im Digitalen Wandel

Das Qualifizierungschancengesetz ist zum 1. Januar dieses Jahrs in Kraft getreten. Aber nun spulen wir zuerst einmal zurück. Was hat dieses Gesetz eigentlich mit Digitalisierung zu tun? Wir befinden uns aktuell in der 4. Industriellen Revolution – auch genannt Industrie 4.0. Diese 4. Industrielle Revolution bringt viele neue smarte Produkte und Dienstleistungen wie Online-Plattformen, Big Data und cyberphysische Systeme mit sich (mehr zur Industrie 4.0 finden Sie in unseren Onlinekursen).

 

Genau hier finden sich auch die Potenziale der Digitalisierung:

  • Reduktion körperlicher schwerer, gesundheitsgefährdender und monotoner Arbeit
  • Inklusionspotenziale durch digitale Assistenzsysteme (Prothetik, Exoskelette, spezifische Eingabe- und Steuergeräte oder unterstützende Software für die Sprach- und Bilderkennung)
  • Orts- und zeitungebundenes Arbeiten
  • Vereinfachter Zugang zu Bildung und Qualifikation (Online-Bildungsangebote, Sprach- und Textdienste in Echtzeit)

Aber welche Folgen hat das für den Arbeitsmarkt?

 

Hinsichtlich dieser Frage ergeben sich viele Befürchtungen – hier handelt es sich jedoch nicht um ein neues Phänomen. Befürchtungen beziehen sich häufig auf den Wegfall von Arbeitsplätzen durch den technischen Fortschritt.

Eine wichtige Frage im Zusammenhang mit den Folgen der Digitalisierung ist, inwieweit Tätigkeiten, die bisher von Menschen ausgeführt werden, durch computergesteuerte Maschinen übernommen werden könnten und welche potenziellen Beschäftigungseffekte damit verbunden sein könnten.

 

Um sich dieser Frage anzunähern hat das Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB) die Substituierbarkeitspotenziale von Berufen untersucht, und geht dabei folgendermaßen vor:

 

  • Annahme: Nicht Berufe insgesamt, sondern Tätigkeiten, die zu den Berufen gehören, lassen sich (nicht) automatisieren.
  • Substituierbarkeitspotenzial: Je höher der Anteil der Tätigkeiten ist, die typischerweise zu einem Beruf gehören und sich potenziell automatisieren lassen (manuelle und kognitive Routinetätigkeiten), desto höher ist das Substituierbarkeitspotenzial.
  • Basis für die Analyse sind die berufskundlichen Informationen aus dem BERUFENET der BA.
  • Erste Analysen zu Substituierbarkeitspotenzialen mit Daten des Jahres 2013, Aktualisierung mit den Daten des Jahres 2016.

 

Die Ergebnisse der Untersuchung zeigen, dass bereits 25% der sozialversicherungspflichtigen Beschäftigten in Deutschland von einem hohen Substituierbarkeitspotenzial (>70% der Aufgaben sind substituierbar) betroffen sind. Vor allem in den Helferberufen ist die Substituierbarkeit durch computergestützte Systeme von 2013 bis 2016 stark gestiegen.

 

Aber was heißt das für unsere Region? Der Anteil der sozialversicherungspflichtigen Beschäftigten mit hohem Substituierbarkeitspotenzial liegt bei:

  1. Stadt Aschaffenburg: 28,7%
  2. Aschaffenburg 31,9%
  3. Miltenberg 36,7%

Zum Vergleich: Der Durchschnitt in Bayern liegt bei 26,3%

 

Laut Frau Schulze-Middig ist hierbei aber eines wichtig: Es gibt keinen Automatismus, dass Berufe bzw. Arbeitsplätze mit hohem Substituierbarkeitspotenzial wegfallen.

Ob und in welchem Umfang Substituierbarkeitspotenziale realisiert werden, ist von vielen verschiedenen Faktoren abhängig. Sie geben uns allerdings Hinweise, wo technologische Potenziale vorhanden sind und entsprechender Anpassungsbedarf bestehen kann.

 

Testen Sie mit diesem Tool selbst, wie hoch das Substituierbarkeitspotenzial bei Ihrem Beruf ist.

 

Neben den ersetzbaren Tätigkeiten, welche an Bedeutung verlieren kommen durch die Digitalisierung aber auch neue Tätigkeiten hinzu und neue Berufsfelder entstehen. Herausforderungen die daraus für den Arbeitsmarkt entstehen sind:

  • Ungleiche Verteilung von Chancen und Risiken nach Qualifikation, Tätigkeit, Region etc. erfordert einen differenzierten Blick und eine spezifische Vorgehensweise, um Risiken abzufedern und Chancen zu nutzen.
  • Gefragt sind Fähigkeiten, die nicht durch digitale Technologien substituiert werden können bzw. Fähigkeiten, die auch in Zusammenhang mit digitalen Technologien wichtig sind.
  • Verschiedene andere Faktoren wirken ebenfalls, sie fallen durch die Digitalisierung nicht weg. Dies sind die Konjunktur, die Demografie, die Entwicklung hins. des Arbeitskräfteangebotes, Branchentrends und die Wettbewerbsfähigkeit von Unternehmen.

Dieses Video (ab 11:40 min) zeigt die Arbeitswelt 4.0 auf anschauliche Weise.

 

Bildung, Ausbildung, Weiterbildung sind von hoher Bedeutung, damit die Gesellschaft, die Unternehmen und die einzelnen Menschen die Chancen der Digitalisierung nutzen können.

 

Genau hier setzt das Qualifizierungschancengesetz an. Das Ziel ist: Präventive Arbeitsmarktpolitik, die bei Arbeitnehmer/innen für die passenden Voraussetzungen für den Wandel sorgt.

 

Mit den folgenden drei Säulen unterstützt die Agentur für Arbeit die Arbeitnehmer und Unternehmer:

  • Beratung zur systematischen Weiterbildung der Mitarbeiterschaft
  • Förderung von Anpassungsqualifizierungen
  • Besondere Förderung zum nachträglichen Erwerb eines Berufsabschlusses

Die Weiterbildungsförderung von Beschäftigten ist unabhängig von Alter, Betriebsgröße und Ausbildung.

Sie wollen zu den Förderungsmöglichkeiten genauer beraten werden? Dann kontaktieren Sie die örtliche Agentur für Arbeit.

 

Die Kontaktdaten Agentur für Arbeit in Aschaffenburg finden Sie hier.

 

> Erklärfilm zur Qualifizierungsoffensive

 

Doch die Weitbildungsbeteiligung spricht eine klare Sprache. Vor allem Beschäftigte, deren Tätigkeiten durch Technologien ersetzbar sind, bilden sich seltener weiter. Die Bayerische Staatsregierung, der Bayerische Handwerkstag, der Bayerische Industrie- und Handelskammertag, die Vereinigung der Bayerischen Wirtschaft, die Regionaldirektion Bayern der Bundesagentur für Arbeit und der Deutsche Gewerkschaftsbund Bayern haben am 19. Juni 2019 den "Pakt für berufliche Weiterbildung 4.0" geschlossen. Sie wollen die Weiterbildung gemeinsam stärken und voranbringen.

 

Dabei sollen auch so genannte Weiterbildungsinitiatoren unterstützen. Die Weiterbildungsinitiatoren stehen Beschäftigten und Betrieben bei der Auswahl und der Aufnahme von Weiterbildungsmaßnahmen als digitale Bildungsberater zur Seite. Sie sollen das gesetzliche Angebot der Arbeitsverwaltung ergänzen und sich vor Ort eng mit den Partnern abstimmen.

 

Nähere Informationen zu diesem Angebot erhalten Sie bei der Weiterbildungsinitiatorin Susanne Trunk, die für den bayerischen Untermain zuständig ist.