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In welchen Formaten lebt der Wissenstransfer in 2022?

Ein Beitrag von Joachim Schmitt

 

Am 23. September fand im Rahmen des Symposiums Wissenstransfer und Weiterbildung ein Workshop zum Thema "In welchen Formaten lebt der Wissenstransfer in 2022?" Moderation des Workshops übernahmen Prof. Dr. Carsten Reuter und Joachim Schmitt. 

 

Digitale Planungssicherheit in der VUCA-Welt

Die Corona-Situation als auch geopolitische Entwicklungen oder neue Technologien steigern die Nichtvorhersehbarkeit gesellschaftlicher und wirtschaftlicher Entwicklungen. Diese Unsicherheiten erfordern Sicherungsmaßnahmen auf Seiten der Anbieter von Wissenstransfer und Weiterbildung. Eine solche Maßnahme könnte sein, zu jedem Angebot grundsätzlich einen digitalen Zugang vorzuhalten: Digital First!

 

Dieser Ansatz meint nicht, Präsenzveranstaltungen digital anzureichern. Vielmehr geht es darum das Digitale zu gewährleisten und aus dieser Richtung kommend die Umsetzung nach Möglichkeit mit Präsenz anzureichern.

 

Präsenzveranstaltungen mit besonderem Nutzen

Ein solcher Ansatz und die schon etablierte Praxis von Online-Veranstaltungen führen zur Notwendigkeit, den Aufwand von Präsenz durch einen besonderen Nutzen zu rechtfertigen. Dies könnte sein:

·       Exklusivität des Inhalts und/oder der Referenten.

·       Attraktivität des Rahmenprogramms.

·       Netzwerkeffekte jenseits des offiziellen Programms.

·       Austausch von Insiderinformationen z. B. zu Prüfungsfragen.

 

In diesem Sinne gibt es gute Gründe für Präsenz, was auch den Ansatz unterstützt, die (digitale) Anreicherung in Form von Zusatzinformationen, didaktischen Mittel etc. zu betreiben.

 

Differenzierung von Anwendungsfällen und Formaten

Die Präsenzveranstaltung hat nach wie vor einen deutlichen Vorteil in der Nutzung informeller Räume zur Kontaktanbahnung und Vernetzung. Das Dilemma ist, dass sich die Netzwerkeffekte immer erst hinterher zeigen und nicht zu garantieren sind. Insofern ist es eine Verführung auf Präsenz zu verzichten – weil man nicht weiß, was wirklich vor Ort geht. Vor diesem Hintergrund verschieben sich die Kriterien für eine Präsenzorientierung sehr deutlich. Das digitale schlägt in der Zeitökonomie vielfach den Aufwand einer Präsenz. Die Optionalität von Präsenz oder Online ist noch nicht empirisch fassbar. Dabei gilt in der Tendenz, dass Weitbildung themenzentriert ist und damit die Präsenzseite niedriger gewichtet.

 

Dieser Situation entsprechend ist die Unterscheidung von Präsenz oder Digital aus Sicht des Publikums sehr differenziert. Große Informationsformate werden eher digital gebucht. Erklärungs- und Übungszusammenhänge setzen aufgrund der Labor- und Anwendungssituation vielfach die Präsenz voraus. Hier stellt sich die Frage, ob eine hybride digitale Einbindung attraktiv und für die Präsenzteilnehmer akzeptabel ist.

 

Differenzierung von Lerntypen und Formaten

Ob ein Lernen gut in Onlineformaten stattfindet, oder doch besser in Präsenz besucht wird ist auch eine Frage des Lerntyps. In dieser Perspektive bleiben beide Anteile für die Angebotsentwicklung relevant. Wesentlich ist hier, dass es eine Wahlfreiheit gibt.

Dabei ist die soziale Strukturierung des Digitalen in Verknüpfung mit der mehr oder weniger vorhandenen Kompetenz im Selbstmanagement beachtlich und muss berücksichtigt werden. Empfehlenswert ist, die Einbindung und Verknüpfungen mit den Anforderungen an die Teilnehmenden aktiv zu moderieren. Auf der Zeitschiene kann es sein, dass zum Einstieg in eine Weiterbildung die digitale Option ökonomisch bevorzugt wird. Über die digitale Beteiligung kann sich aber das Bedürfnis der Präsenz entwickeln und kann mit entsprechenden Ausbauangeboten integriert werden. Wesentlich ist auch, dass jede Option qualifiziert mit ihren besonderen Vorteilen gelebt wird:

·       Digital mit guter Technik und ausgereiften Tools.

·       Präsenz mit engem Kontakt und guter Betreuung.

 

Das Digitale ist dabei für das Selbstmanagement der Teilnehmenden anspruchsvoller – und nur vermeintlich bequemer. Hier könnte eine Lerntypberatung hilfreich sein.

 

Fazit

Im beruflichen Kontext werden reine Informationsveranstaltungen eher online weiterleben und sollten immer einen digitalen Zugang haben. Präsenz hat einen klaren Platz in der Anwendungsübung. Dazwischen liegen Weiterbildungsprozesse oder Transferprojekt, die eine Mischform von digital gestützter Vermittlung mit Präsenzanteilen nahelegen. Wer Communitys und Prozesse gestalten will wird auch im Wissenstransfer nicht um Präsenzveranstaltungen umhinkommen, um die Netzwerkeffekte zu entfalten. Damit diese akzeptiert werden, braucht es einen klar erkennbaren Nutzen im Verhältnis zum Aufwand für die Teilnehmenden. Dieser kann im spezifischen Inhalt, der innovativen Didaktik, dem exklusiven Teilnehmerkreis oder dem besonderen Referenten liegen. Unabhängig bleibt die individuell differenzierte Präferenz und Kompetenz im Lernen bedeutsam, womit mit dem Selbstmanagement auch das Lerncoaching an Bedeutung gewinnt.


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